Thunder Mountain Classics - Jabbeke's Speed Record

Aktionen 2003:

Unser Jabbeke Abenteuer!

Vorbereitungen

Es ist schnell klar, dass der füfzigste Jahrestag der Rekordfahrt von Ken Richardsen auf einem TR2 zu einem Run auf die begrenzten Quartierplätze in Jabbeke (besser gesagt Oostduinkerke/Niewpoort in West-Flandern) führen wird. Es ist aber auch klar, dass dieses Jubiläum "die Mutter aller TR-Events" sein wird und damit den Status einer Muss-Veran-
staltung für einen TR2-Fahrer bekommt.

Also entschließen wir uns schon im Oktober 2002, direkt mit dem TR-Register Belgien als Veranstalter, Kontakt aufzunehmen. Dabei können wir auf die freundschaftlichen Kontakte, die wir beim Euro TR-Meeting 2000 in Spa geknüpft hatten, zurück greifen. Allein über 30 Zimmer sind vorab aus England reserviert worden, plus die TR-Gemeinde aus BeNeLux und schon wird es bei maximal 90 Betten im "Domein Westhoek" eng. Nach dem "fifo-Prinzip" (frei übersetzt: wer zuerst kommt, malt zuerst) rutschen wir mit unserem Team von vier TRs mit AC-Nummer plus Mike mit Silke und Sabrina (ja, wir sprechen vom TRS) in die Teilnehmerliste. Die technischen Vorbereitungen sind kein Problem, weil unsere TRs ja eigentlich immer einsatzbereit sind, ähhh... oder so!

Auf nach Jabbeke!

Die Logistik ist schnell beschlossen: Freitag 16.5. 9:30 Uhr - Treffen bei Klaus Derondeau zum Frühstück. Mike und Silke reisen mit Sabrina auf dem Hänger schon am Donnerstag an und übernachten bei Karin und Klaus.

Punkt Viertel nach Neun sind alle Teams versammelt und bei deftigem Speck und Ei wird das vor uns liegende Abenteuer besprochen. Immerhin werden gut 800 km pro TR an diesem Wochenende zusammen kommen. Bei vier TRs, die auf eigener Achse fahren, sind das schon 3.200 km, bei denen etwas schief gehen kann!??

Nicht bange machen - vor fünfzig Jahren wurden mit unseren Autos berüchtigte Rallyes gewonnen.

Vorbereitungen zur großen Fahrt

Punkt 11:00 Uhr sind wir startbereit. Mike entschließt sich, mit dem Hänger, den direkten Weg über die Autobahn zu nehmen. Wir werden mit unseren TRs bis hinter Lüttich auch Autobahn fahren, danach bis Leuven der Nationalstraße N9 folgen und dann den Autobahnring um Brüssel nehmen. Vorher wird aber die erste Pause eingelegt und bei Kaffee und Pannekoken sinnieren wir über das bevorstehende Wochenende.

Hinter Brüssel geht's dann auf der N3 bis Gent. Hier wieder ein Stück Autobahn Richtung Kortrijk, und schon sind wir auf der N35, die uns quasi direkt nach Nieuwpoort ins "Domein Westhoek" führen soll. Wir machen noch eine kurze Kaffeepause in Dieksmuide und haben dort die ersten Probleme.

Herberts grüner 3er startet nicht mehr. Anschieben hilft, es geht weiter - sind ja nur noch knapp 30 Km. Kurz vor dem Ziel erwischt es den grünen TR3 noch einmal. Er stirbt an der Ampel ab, kein Saft (Strom)! Korrodierte Kontakte, Masseproblem oder einfach Batterie defekt sind die gehandelten Ursachen. Manfred leistet mit seinem roten TR3 Starthilfe und haucht der lädierten Batterie wieder etwas Leben ein.

Der Name täuscht - wir sind in Belgien

Es geht weiter - noch knapp 1.000 Meter. Wir fahren langsam vom Seitenstreifen an und hören ein trockenes "Tock" aus Richtung Heck unseres TR2; danach nur noch ein dumpfes "Rumpeln". Der erste Gang ist eingelegt; warum fährt das Auto nicht? Mir wird gleichzeitig heiß und kalt. Flüche bilden sich im Kopf und wollen gesagt werden. Der Antriebsstrang ist hin. Hauptwelle im Getriebe, Kardanwelle, Differenzial und Steckachse wirbeln als mögliche Ursache im Kopf herum. Warum jetzt? Warum überhaupt? Wieso eigentlich? Resignation legt sich aufs Gemüt. Es hätte so ein schönes Wochenende werden können!

Die ultimative Herausforderung!

Die Anderen haben unsere Probleme bemerkt und kommen zurück. "Was ist los?" - "Auto fährt nicht mehr!" - "Steckachse gebrochen!" - "Kriegen wir schon wieder hin!" - "Wie, jetzt?" So ähnlich läuft der Dialog ab. Ich könnte heulen, na ja nicht wirklich, oder doch?

Das Abschleppseil war eine gute Investition; eigentlich gedacht, um anderen behilflich zu sein. Jetzt zieht uns Klaus mit seinem TR3 in "pimrose" die letzten Meter zum Hotel. Die meisten Teilnehmer sind schon da, und viele stehen mit Kameras bewaffnet da und wollen TRs knipsen. Könnt Ihr haben; TR3 schleppt weidwunden TR2 auf den Parkplatz des Hotels. So ein Bild gibt es nicht alle Tage. Leider haben wir alles andere im Kopf, als jetzt ein Photo zu machen.

Wir checken im Hotel ein und überlegen die Alternativen: 1. Auto auf Mikes Hänger nach Hause bringen - anderes Auto mitbringen und am Samstag nach Hause fahren. 2. Auto hier in der Gegend in eine Werkstatt bringen. 3. Auto vor Ort reparieren. Dazu brauchen wir aber NUR eine neue Steckachse. Inzwischen fällt sich die Bar.

Ob das alles so richtig ist?

Klaus hat schon rumtelefoniert, und noch bei der Anmeldeprozedur taucht Jo Willems von Red Baron Racing auf und schwingt trium(ph)fierend eine leicht angerostete Lockheed Steckachse. Teufelskerl!

Was oder wer soll uns jetzt noch aufhalten?

Punkt sieben treffen wir uns auf dem Parkplatz und fangen mit der Reparatur an.

Na, ich war wohl etwas zu schnell mit Räder abmachen und so, sonst hätten wir das Auto auf Mikes Hänger (statt Hebebühne) geschoben.

Leute aus den Nachbarorten holen Wagenheber, Montageböcke, Abzieher und anderes Werkzeug. Wir setzen unsere Bordmittel ein.

Die Frauen versorgen uns mit Fischbrötchen vom Nordsee-Buffet und Manfred spendiert zwei Flaschen Rotwein.

Norsee-Buffet für die Schrauber

Die defekte Welle ist schnell ausgebaut. Aber, der Teufel ist ein Eichhörnchen!

Das abgebrochene Schiebestück steckt im Differenzial und will partout nicht durch das Achsrohr kommen.

Der Differenzialdeckel muss runter, damit wir von innen an das Reststück kommen. Neues Öl und Dichtmasse werden vorsorglich bei der nahe gelegenen Fordwerkstatt besorgt. Es wird dunkel.

Wir brauchen Licht. Der französische TR-Fan von nebenan leiht uns seine Taschenlampe.

Öl ablassen und Deckel abschrauben geht zügig voran. Wir sehen es. Das abgebrochene Teil der Steckachse sitzt links in einem der Planetenräder. Aber, es hilft kein hin- und herschieben. Kein Schraubendreher geht weit genug rein.

Ein biegsamer Stock ist zu weich. Die Kurbel vom Wagenheber wird zurecht gebogen; geht auch nicht!

Wir kriegen das Stück nicht raus. Das Differenzial muss ausgebaut werden!!! Wir können doch hier auf dem Parkplatz nicht das Differenzial ausbauen! Warum eigentlich nicht? Viel mehr kann ja nicht kaputt gehen.. Es ist nach neun Uhr und es beginnt zu nieseln. Sch...!

Das gemütliche Beisammensein in der Bar schreitet fort. Hin und wieder schauen die TR-Fans nach dem Rechten - in unserer "Open Air Werkstatt". Bill Piggott spricht uns Mut zu. Xavier Knops staunt über unsere Unbekümmertheit. Zum Glück sind hier die besten Rennmechaniker des Kontinents am Werke, die nichts und niemand aufhalten kann; Mike Otto, Herbert Wittbrodt und Klaus Derondeau.

Das Differenzial muss raus! Wir lösen auch die rechte Steckachse, damit sie aus der Verzahnung des Differenzials herauskommt.

Das Diff. ist jetzt frei, aber wir kriegen es nicht aus dem Gehäuse. Wir wollen aufgeben. Jemand holt John Soffe. "Der hatte das Problem auch schon mehrmals." John's trockener Kommentar: "It must come out! It has to come out!"

Mike stürzt noch einmal unter das Auto und hebelt das Planetengetriebe aus dem Differenzialgehäuse. Na also, geht doch. "Now, you need coins! The last time it took me five hours to get the piece out!"

Das hat er nicht ernst gemeint, oder?! Aus allen Richtungen fliegen Centstücke durch die Luft. Dank sei dem Euro. Wir legen die "Coins" von innen auf das Reststück der Achswelle und versuchen es aus dem Zahnrad zu drücken. No chance! "It must come out!" sagt John. Aber, es geht nicht.

Es ist halb zwölf, stockfinster, kühl und feucht. Ab und zu kommt Richard Senftleben mit seiner Kamera vorbei, dreht wieder ein Stück Film und bringt so mit seiner Videoleuchte richtig Licht in unsere "Werkstatt". Wir wollen aufgeben! Es hat ja doch keinen Zweck! Schade!

Das Differenzial muss raus!

Mike überlegt und sagt: "Wir nehmen das Planetengetriebe auseinander. Dann fällt das abgebrochene Stück von selbst raus!"

Letzter Versuch.

Der Arretierstift wird ausgetrieben. Damit ist die Welle, die die kleinen Zahnräder führt frei und kann auch ausgetrieben werden. Die Zahnräder sind frei. Jetzt nur nichts durcheinander bringen.

Tatsächlich, das abgebrochene Stück fällt jetzt von alleine raus. Hurra!!!!

Gewonnen!

Der Übeltäter

Der Rest verläuft dann, wie im Handbuch beschrieben: Der Zusammenbau erfolgt in der umgekehrten Reihenfolge, wie das Auseinandernehmen. Gesagt - getan. Drei Leute schrauben das Auto gleichzeitig zusammen. Die Taschenlampe wandert von einem zum anderen. Ansetzen mit Licht - festschrauben im Dunkeln. Ich assistiere: 14er Schlüssel, Schraubendreher, Hammer, Lampe, Tupfer.... Es ist immer noch stockdunkel, kalt und feucht. Aber, wir haben gewonnen! Punkt halb eins drehe ich die Ehrenrunde auf dem Parkplatz der "Domein Westhoek". Alle Systeme funktionieren einwandfrei. Todmüde fallen wir nach einer warmen Dusche ins Bett.

Wir sind wieder im Geschäft Die besten Rennmechaniker des Kontinents!

Am nächsten Morgen läuft alles nach Plan. Wir können mit unserem 2er das komplette Programm absolvieren und kommen auch Heil nach Hause.

Wir werden diese Jubiläumsveranstaltung anlässlich der Rekordfahrt von Ken Richardson vor fünfzig Jahren nie vergessen. Wir werden auch nie vergessen, dass die Hilfsbereitschaft und Kameradschaft vieler bis dahin fremder Leute, es möglich machten, dass es für uns doch noch ein schönes Wochenende wurde. Ein ganz besonderer Dank geht aber an unser Team, Mike, Herbert, Klaus und auch Manfred. Ohne deren großartigen Einsatz, Sachverstand und ihr Können wäre dieses Event für uns zu Ende gewesen, noch bevor es richtig angefangen hatte.

Klasse, Jungs!!